Ein Mann wanderte aus und ging in ein reiches Land, in dem ein mächtiger König herrschte. Dem Mann gefiel es in diesem Land. Er lernte auch den König kennen und schloss Freundschaft mit ihm. Nach eine Weile beschloss er, Staatsbürger dieses Landes zu werden.
Da er bis auf einige Gaben, die er mitbrachte, mittellos war, schenkte ihm der König ein Stück Land, das er bebauen und fruchtbar machen sollte, um später mal eine reiche Ernte zu erzielen. Der König versprach ihm dabei zu helfen.
Der Mann war begeistert von seinem neuen König und Freund. Er träumte Tag für Tag von einer reichen Ernte. Gelegentlich rief er seinen König an und bedankte sich überschwänglich für das Geschenk und vor allem für die reiche Ernte die er zukünftig erzielen würde. Den König ließ er jedoch nicht zu Wort kommen, weil er sehr beschäftigt war und deshalb nur wenig Zeit für den König hatte. Er baute nämlich eine riesige Lagerhalle für sehr viel Geld, das er bei einer Bank auslieh. In dieser Lagerhalle wollte er die große Ernte versorgen und unterbringen.
Der Frühling verging und der Sommer kam. Der Mann war so beschäftigt mit den Bauarbeiten, dass er gar nicht merkte, dass auch der Sommer allzu bald zu Ende ging. Er freute sich riesig auf die Ernte. Vor seinem inneren Auge sah er schon seine inzwischen fertiggestellte Lagerhalle, die er mit allen Raffinessen gebaut hatte, um die vielfältige Frucht lagern zu können, voll werden. Seinen Nachbarn erzählte er voller Begeisterung von seiner Halle und der erwarteten reichen Ernte. Er pries seinen König vor ihnen für seine Großzügigkeit und für die volle Lagerhalle von der er träumte.
Endlich kam die Zeit der Ernte. Die Nachbarn brachten ihre Frucht von den Feldern ein und erfreuten sich über den Segen ihrer Arbeit und priesen den König für seine Güte und Versorgung. So ging auch der Mann hinaus aufs Feld um nachzuschauen, wie seine Ernte ausgefallen war. Bis dahin hatte er ja keine Zeit gehabt nach seinem Land zu schauen, das ihm anvertraut wurde, weil er doch so mit der Halle beschäftigt war.
Das, was er vor Ort zu sehen bekam, schockierte ihn so, dass er fast zusammenbrach: Das Land lag immer noch so brach da, wie zu dem Zeitpunkt, als er es empfing - inzwischen mit Unkraut übersät. Aus lauter Enttäuschung fing er an, innerlich seinen König anzuklagen, der ihm doch eine reiche Ernte und seine Hilfe zugesichert und ihn nun im Stich gelassen hatte. Er hatte sich doch so sehr bemüht und dabei seine ganze Kraft, Zeit und Finanzen für die Lagerung der Ernte geopfert. Und nun das!
Fassungslos rief er seinen König an, beklagte sich bei ihm und hielt ihm vor, wie er sich umsonst bemüht hatte, die versprochene Ernte gewissenhaft zu versorgen - und nun diese Enttäuschung! Nachdem er alles los geworden war, was sein Herz bedrückte, ließ er diesmal auch den König zu Wort kommen.
Der König sagte in seiner liebenswerten, freundlichen und besorgten Art folgendes:
„Du bist mir sehr wertvoll. Deine Freundschaft schätze ich über alles und möchte sie niemals missen. Als du mich des öfteren anriefst, hätte ich dir so gerne Rat gegeben, wie du dein Land bebauen solltest. Denn in meinem Reich gibt es bestimmte Gesetze, die es zu befolgen gilt, damit das Land eine reiche Ernte hervorbringt. Du warst so beschäftigt mit deinen Aufgaben, dass du meine Weisungen gar nicht hören wolltest. So ließ ich dich machen.
Weißt Du, in meinem Reich muss jeder ohne Ausnahme die Saat für seine Ernte aus den Gaben, die er hat, hervorbringen. Wenn dieses Saatgut von jedem einzelnen ausgesät wird, sorge ich für das Wachstum und eine entsprechende Ernte. Je nachdem, wie viel gesät wurde, ist eine reiche oder weniger reiche Ernte zu erwarten. Wer nicht sät kann auch nicht ernten. Es sei denn, ein anderer hat auf deinem Land gesät, bevor du es erworben hast. Trotzdem ist jeder angehalten zu säen um die Ernte sicherzustellen. Dieses Gesetz nennen wir bei uns das Gesetz von Saat und Ernte.
Merke dir: Je mehr du von dir gibst, desto mehr wirst du empfangen! Wenn du andere ermutigst und mit deinen Gaben erfreust, wirst du auch Ermutigung und Freude ernten! Lerne diese Gesetze, auf die mein Reich gegründet ist, kennen und befolge sie, damit mein reicher Segen in deinem Leben fließen kann. Wie eine Quelle, die ständig frisches Wasser führt, um in den Zeiten der Dürre und Trockenheit das Überleben zu sichern.“
Der Mann war etwas beschämt für seine Kurzsichtigkeit und Unwissenheit. Er beherzigte den Rat seines Königs und beschloss, seine Sichtweise zu ändern und von nun an aus der unendlichen Fülle der Weisheit seines Königs zu lernen.
Die nächste Ernte viel so reich aus, dass seine Lagerhalle aus allen Nähten platzte. Er wurde bekannt im Lande und man erzählte überall von seiner Treue zum König und von seiner Großzügigkeit.